vom Weltlich-Geistlichen


Man setzt das Geistliche im Gegensatz zum Weltlichen, als wäre es möglich, Geistliches ausserhalb des Weltlichen zu gewinnen: gefährliche Unterscheidung. Das Geistliche muss im Weltlichen leibhaftig sein. Ich habe niemals Seelen getroffen, die für sich alleine spazieren gehen; nicht leibhaftige Seelen gibt es nicht. Es gibt Seelen in den Körpern der menschlichen Personen. Den Leib vergessen, um die Seele zu retten, bedeutet die Seele mitsamt dem Leib verlieren. Wenn man die Seele vergisst, um den Leib zu retten, so ist auch das eine Dummheit. Man kann die Leiber nicht retten, ohne die Seele zu retten.

Joseph Cardijn, Führe mein Volk in die Freiheit, 78

Schaffend


Was er spricht, das geschieht, sein Wort ist nicht abbildend, sondern schaffend. Spricht er den Sünder gerecht – so ist er gerecht. In seinem Sosagen allein hat dieses Sein des Menschen, das neue Sein, das zum alten im Widerspruch steht, seinen Grund und seinen Bestand.

Emil Brunner

zur Freiheit gleichzeitig befähigt und verpflichtet


Dieser Schöpfer braucht, weil er Schöpfer- und Erlösergott in einem ist, nicht wie ein Techniker nach Naturgesetzen zu operieren oder wie ein Informatiker nach Regeln eines Codes. Die ins Leben rufende Stimme Gottes kommuniziert von vornherein innerhalb eines moralisch empfindlichen Universums. Deshalb kann Gott den Menschen in dem Sinne „bestimmen“, dass er ihn zur Freiheit gleichzeitig befähigt und verpflichtet.

Jürgen Habermas – Glauben und Wissen

Possenreisser


Vor allen Dingen: belügen Sie nicht sich selbst! Wer sich selbst belügt und an seine eigene Lüge glaubt, der kann zuletzt keine Wahrheit mehr unterscheiden, weder in sich noch um sich herum; er achtet schließlich weder sich selbst noch andere. Wer aber niemand achtet, hört auch auf zu lieben und ergibt sich den Leidenschaften und rohen Genüssen, um sich auch ohne Liebe zu beschäftigen und zu zerstreuen. Er sinkt unweigerlich auf die Stufe des Viehs hinab, und all das, weil er sich und die Menschen unaufhörlich belogen hat. Wer sich selbst belügt, ist auch leichter beleidigt als andere. Sich beleidigt fühlen, ist manchmal sehr angenehm, nicht wahr? Ein solcher Mensch weiß genau, daß ihn niemand beleidigte, daß er sich die Beleidigung vielmehr selber ausdachte und mit Lügen ausschmückte und so aus der Mücke einen Elefanten machte. Er weiß das selbst und ist doch der erste, der sich beleidigt fühlt, beleidigt in einem Maß, daß er Vergnügen und Lust dabei empfindet. Und von da ist es dann nicht weit bis zu wirklicher Feindschaft.

Starez Sossima zu Fjodor Pawlowitsch in Die Brüder Karamasow von Fjodor Dostojewski

Gott wohnt, wo man ihn einlässt


Das ist es, worauf es letzten Endes ankommt: Gott einlassen. Man kann ihn aber nur da einlassen, wo man steht, wo man wirklich steht, da wo man lebt, wo man ein wahres Ich lebt. Pflegen wir heiligen Umgang mit der uns anvertrauten heiligen Welt, helfen wir in dem Bezirk der Schöpfung, mit der wir leben, der heiligen Seelensubstanz zur Vollendung zu galangen, dann stiften wir an diesem unserem Ort eine Stätte für Gottes Einwohnung, dann lassen wir Gott ein.

Martin Buber – der Weg des Menschen nach der chassidischen Lehre

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