Der Mythos der erlösenden Gewalt ist, kurz gesagt, ein verabsolutierter Nationalismus. Dieser Mythos spricht an Gottes Stelle, er hört nicht darauf, dass Gott spricht. Er ruft die Herrschaft Gottes als seine eigene an; die prophetische Möglichkeit einer radikalen Veruteilung durch Gott zieht er nicht in Erwägung. Dieser Mythos eignet sich Sprache, Symbole und Schriften des Christentums an. Er sucht nicht Gott, um sich zu ändern, er ergreift Gott, um Veränderung zu verhindern. Der Gott dieses Mythos ist nicht der unparteiische Herrscher aller Nationen, sondern ein Stammesgott, der als Götze verehrt wird. Seine Metapher ist nicht der Weg, sondern die Festung. Sein Symbol ist nicht das Kreuz, sondern das Fadenkreuz eines Gewehrs. Er bietet nicht Vergebung an, sondern Sieg. Seine gute Nachricht ist nicht die unbedingte Liebe zum Feind, sondern die endgültige Vernichtung des Feindes. Rettung bedeutet bei ihm nicht die Verwandlung des Herzens, sondern eine erfolgreiche Aussenpolitik. Der Mythos bemächtigt sich der in Jesus offenbarten Absicht Gottes für die Menschheit. Er ist Götzendienst. Er ist Gotteslästerung. Und er ist unermesslich beliebt.
-Walter Wink, in Verwandlung der Mächte
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