Mit meinen Kindern erlebe ich ihn fast jeden Tag – den gerechten Krieg. Vor allem mein ältester Sohn hat einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit – was sich fast täglich in Frust und leider auch Gewalt äussert. Ich verstehe ihn gut. Und doch kann und will ich Gewalt nicht tollerieren: nicht in Wort und nicht in Tat. Nicht bei mir (und daran arbeite ich täglich, seit ich Rosenberg gelesen habe) und nicht in meinem Umfeld. Zu klar ist aus meiner Sicht die Botschaft von Jesus und den Schreibern des neuen Testaments, zu klar ist das Leben von Jesus. Rächt euch nicht, haltet auch noch die andere Backe hin, lasst euch lieber übers Ohr hauen als für euch selber zu kämpfen, sind nur einige Aussagen zu diesem Thema. Als Christusnachfolger gibt es aus meiner Sicht nur einen Lebensstil – den des Königreich-Pazifisten. Dieses Präfix ist für mich wichtig, denn ein Christusnachfolger ist nicht Pazifist, weil es schön und nett und richtig ist, sondern weil er sich Christus und seinem Königreich des Friedens verpflichtet hat – und schlussendlich darauf vertraut, dass Gottes Gesetzmässigkeiten sich auch in dieser zerbrochenen Welt durchsetzen werden. Ein Königreich-Pazifist setzt sein Vertrauen also nicht auf das Gute im Menschen, sondern in die Macht Gottes.
Sollen wir nun der Gewalt in Syrien tatenlos zusehen? Hätten wir Hitler einfach so machen sollen? Hat das militärische Eingreifen im Kosovo nicht vielen das Leben gerettet? Und sehen wir nicht auch in der Bibel, wie Gewalt angewandt wurde und angewandt werden musste? Keine einfachen Fragen – und gleichzeitig starke Argumente gegen meinen Ansatz des Pazifismus. Ausser wir betrachten die Unterscheidung, die Greg Boyd in seinem letzten Blogpost macht – und die ich sehr hilfreich finde. Aus seiner Sicht müssen wir zwischen dem Anspruch an einen Christusnachfolger und an den eines Staates unterscheiden. So schreibt Paulus im Römerbrief (Kapitel 13) von der Notwendigkeit, dass der Staat Gewalt anwendet um das Gesetz durch zu setzen. Und im Alten wie auch im Neuen Testament sehen wir, wie Gott die Gewalt einer Regierung so lenkt und ordnet, um zu strafen, zurecht zu rücken und die Geschichte zum Besseren zu verändern. Und wir sehen auch in der neueren Geschichte, dass der Einsatz von Gewalt nötig war, um noch mehr Gewalt, Leid und Not zu verhindern. Shane Claiborne verweist bei dieser Frage auf Martin Luther Kings Aussage hin, dass man Feuer nie mit Feuer bekämpft und Ungerechtigkeit zusammen mit Ungerechtigkeit nie Gerechtigkeit ergibt. Und liegt richtig, wenn es sich auf die Reaktion des einzelnen bezieht: unsere Reaktion aufs Böse soll immer gewaltlos sein! Doch wenn es um die Gesellschaft und Staaten geht, die ihr eigenes oder die Bevölkerung eines anderen Landes bedrohen und Leid zufügen, zweifle ich an diesem Ansatz.
5. September 2013 um 19:00 Uhr
Zunächst einmal – Wer ist Rosenberg? Kenne ich den vielleicht? Dann denke ich, dass auch noch die Frage ist, wen man da eigentlich unterstützt. Was ist, wenn die Rebellen an die Macht kommen, werden sie gerechter sein, nur weil sie Rebellen sind, oder kommen wir vom Regen in die Traufe?
5. September 2013 um 19:06 Uhr
Ja, die Frage, wie es nach einer militärischen Intervention weiter geht, ist sehr berechtigt. Gerade die jüngeren Beispiele in Lybien, Irak und Afghanistan sind da leider nicht sehr ermutigend. Aber auf die eigentliche Frage, ob überhaupt Gewalt angewendet werden darf, sollte es trotzdem keinen Einfluss haben.